Projekt ChaPol zieht Bilanz
Eine Konferenz mit dem Titel „Postsowjetische Migration in NRW: zwischen Zerreißprobe und Zusammenhalt“ markierte den Abschluss des Projekts „Chance für ein neues gesellschaftliches Miteinander“ (ChaPol), das von der Otto Benecke Stiftung (OBS) 2023-2024 durchgeführt wurde. Die Veranstaltung, die am 8. November in Düsseldorf stattfand, sollte nicht nur der Vorstellung der Projektergebnisse, sondern auch dem fachlichen Austausch über die Herausforderungen bei den Maßnahmen der politischen Bildung für die Zielgruppe „Postsowjetische Migranten“ dienen.
Von den aktuellen Ereignissen gefordert
In der Begrüßungsrede hob die Vertreterin der OBS, Frau Dr. Alexandra Leipold, die langjährigen Beziehungen der Stiftung zur Zielgruppe hervor und betonte die Wichtigkeit solcher Projekte wie ChaPol für die Organisationen der postsowjetischen Migranten, vor allem angesichts des Einflusses der Ereignisse der letzten Jahren, wie der Coronapandemie und des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine, auf die Vereine.
Das Thema wurde von Herrn Dr. Felix Riefer im Impulsvortrag „Russlands revisionistische Außenpolitik und der falsche Diasporadiskurs in Deutschland“ aufgegriffen. Er wies auf die Versuche Moskaus hin, die russischsprachige Bevölkerung in anderen Ländern im Sinne eigener Interessen zu instrumentalisieren und analysierte unter anderem die Reaktion auf die Invasion Russlands in die Ukraine im Frühjahr 2022, als viele Menschen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland „von der russischen Propagandamaschine erneut sich einspannen ließen“.
Vorstellung der Projektergebnisse
Ausgerechnet die Stärkung der Medienkompetenz und somit die Erhöhung der Resilienz der Mitglieder von Vereinen gegen Propaganda und Verschwörungserzählungen stand im Mittelpunkt des Projekts ChaPol, wie Projektleiter Andriy Probytyuk bei der Vorstellung der Projektergebnisse betonte. Die neun Multiplikator*innen führten nach den Schulungen mehr als 40 Veranstaltungen in Vereinen mit über 600 Teilnehmenden vor allem zu Themen wie Medienkompetenz, Verschwörungsnarrativen und der Wirkung von Propaganda durch. Die Auszeichnung seitens der OBS und der kräftige Applaus galten den Multiplikator*innen für ihr Engagement.
„Eine zentrale Erkenntnis, die ich gewonnen habe, ist, wie unterschiedlich Menschen Informationen wahrnehmen. … Es ist nicht leicht, über manche Nachrichten in den Medien zu sprechen. Diese Momente haben mir jedoch gezeigt, wie wichtig es ist, differenziert zu kommunizieren und immer wieder den Dialog zu suchen“, teilte die Multiplikatorin Saule Yussupova vom Integration-Kulturzentrum im Kreis Mettmann ihre Erfahrung mit.
Gleichzeitig wies Andriy Probytyuk auf die Herausforderungen bei der Durchführung des Projekts hin, vor allem Schwierigkeiten, die Vereinsmitglieder zu erreichen, die sich für Themen der politischen Bildung nicht interessieren, und die daraus entstehende Notwendigkeit, neue Formate zu erproben.
Das aktualisierte Curriculum sowie die spannende Podiumsdiskussion
Im Rahmen des Projekts wurde auch das „Curriculum zur inter- und intrakulturellen Bildung in Vereinen und Organisationen der Deutschen aus Russland“ aktualisiert und bei der Veranstaltung vorgestellt. Der Mitarbeiter des Kulturreferats für Russlanddeutsche in Detmold, Jahn Pöhlking, der das Curriculum auf den neuesten Stand gebracht hat, betonte in seinem Beitrag, dass das fertiggestellte Curriculum „ein Plädoyer für die politische und gesellschaftliche Bildung sowie ein Handlungsauftrag an uns alle (ist), die in irgendeiner Form bildend tätig sind und mit Menschen aus dem postsowjetischen Raum arbeiten."
In anschließender Podiumsdiskussion wurden unter anderem die Fragen der öffentlichen Wahrnehmung der Russlanddeutschen und die Notwendigkeit spezifischer Angebote der politischen Bildung für diese Zielgruppe sowie für die postsowjetische Migration insgesamt heiß diskutiert. Nach den Worten des Leiters der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, Herrn Dr. Guido Hitze, müssen vor allem digitale Angebote und neue Formate entwickelt werden und die Aktivitäten für spezifische Zielgruppen sollen diese Gruppen in Verbindung mit der sogenannten „Mehrheitsgesellschaft“ bringen. „Und das ist ein Ansatz, den wir noch viel, viel stärker verfolgen müssen“, resümierte Herr Hitze.
Toni Rütten, Kuratoriumsmitglied der OBS und ehemaliger Abteilungsleiter "Integration" im Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, nahm ebenfalls an der Abschlusskonferenz teil und betonte die hohe Bedeutung solcher Projekte.
Das Projekt „Chance für ein neues gesellschaftliches Miteinander“ wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert und von der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen kofinanziert.
Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.