Professor Klaus J. Bade zum 80. Geburtstag

Professor Dr. Klaus J. Bade, der immer mit dem Kürzel „KJB“ zeichnete, hat auch seine „runden“ Geburtstage nie öffentlich gefeiert. Deshalb war uns entgangen, dass er am 14.05.2024 80 Jahre alt geworden ist. Als Mitglied des Fachbeirats hat KJB für die OBS die „Akademie für Migration und Integration“ sowie ihre Schriftenreihe „Beiträge der Akademie für Migration und Integration“ konzipiert, deren verlegerische Umsetzung beraten und zu den Veranstaltungen und Publikationen der OBS zahlreiche Beiträge beigesteuert. Die OBS übernahm neben anderen Ideen auch sein Strategiekonzept der „Nachholenden Integrationspolitik“ in die Programmatik ihrer Verbandsarbeit[1] und stellte unter dieses Thema auch ihre Jahrestagung „Forum Migration“ im Dezember 2006 mit einem Eröffnungsvortrag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Die Tagungsbeiträge erschienen in einem von KJB mit herausgegebenen Heft der OBS-Beiträge, dessen Druckvorbereitung ausnahmsweise sogar von der Redaktion des von ihm in Osnabrück begründeten „Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien“ (IMIS) übernommen wurde.

KJB war ein Mitglied der ersten Stunde im Fachbeirat der Otto Benecke Stiftung e.V., für die er fast ein Vierteljahrhundert (1995–2018) tätig war. Aber er beriet die OBS schon, als es noch gar keinen Fachbeirat gab und war an dessen Begründung aktiv beteiligt. Bei der Feier zu seinem Abschied 2018 erklärte er dazu schmunzelnd:

„Als Berater der OBS wurde ich für den geplanten Beirat um ein Konzept und um Vorschläge für geeignete Personen gebeten. Wir hatten gerade den Rat für Migration auf die Beine gestellt, der kein Geld hatte, um Reisekosten für Vorstandssitzungen zu finanzieren. Also habe ich der Otto Benecke Stiftung die Übernahme des gesamten Vorstands des Rats für Migration als Fachbeirat empfohlen. Damit wurde der Otto Benecke Stiftung eine geballte Ladung von Experten in Sachen Migration und Integration vermittelt. Und den Rat für Migration erlöste das aus seinen Reisekostenproblemen: Wir tagten morgens als OBS-Fachbeirat, nachmittags in gleicher Besetzung im gleichen Raum als RfM-Vorstand.“

Als Migrationsforscher, Strategieberater, Publizist und kritischer Politikbegleiter hat KJB ein ungewöhnlich umfangreiches Œuvre geschaffen. Es umschließt rund 50 von ihm verfasste oder herausgegebene selbständige Schriften, rund 150 Fachaufsätze, mehr als 1.000 Medienbeiträge und mehrere von ihm begründete wissenschaftliche Publikationsreihen. Als Forschungs- und Verbandsorganisator war KJB unter anderem ideeller Initiator und Mitbegründer des Osnabrücker Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, der Gesellschaft für Historische Migrationsforschung, des Rates für Migration und des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Er gehörte zahlreichen Vereinigungen, Kommissionen und Kuratorien an. Für sein wissenschaftliches Werk hat er viele Auszeichnungen erhalten.

Mit seiner umfangreichen autobiographischen Dokumentation „Migration – Flucht - Integration. Kritische Politikbegleitung von der ‚Gastarbeiterfrage‘ bis zur ‚Flüchtlingskrise‘. Erinnerungen und Beiträge“ (2017) und seinem Buch „Historische Migrationsforschung. Eine autobiografische Perspektive“ (2018) hat sich KJB als Migrationsforscher, Strategieberater und politikkritischer Publizist aus der öffentlichen Diskussion zurückgezogen. Sein wissenschaftliches Lebenswerk wurde 2024 geehrt durch den von der Gemeinnützigen Hertie Stiftung am Berliner Institut für empirische Migrationsforschung (BIM) der Humboldt Universität eingerichteten „Klaus J. Bade-Nachwuchspreis für Migrationsforschung“. Damit werden promovierte exzellente Nachwuchswissenschaftler gefördert, die sich im Sinne von KJB mit ihren Forschungsergebnissen auch in der öffentlichen Diskussion engagieren.

2018 schied KJB aus dem OBS-Fachbeirat aus und wurde vom Präsidenten Dr. Lothar Theodor Lemper sowie dem Kuratoriumsvorsitzenden, dem früheren Berliner Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen mit honorigen Abschiedsworten sowie einer eigens dazu gedruckten Broschüre zu seinem „Spurwechsel“ verabschiedet und zum OBS-Ehrenmitglied ernannt.

Der Kuratoriumsvorsitzende Eberhard Diepgen erklärte auf seiner Abschiedsfeier: „Klaus J. Bade ist ein Mann, dem die OBS viel zu verdanken hat: für seine langjährige Mitarbeit, für seinen vielfältigen, klugen Rat. (…) Die OBS setzt sich ein für die gesellschaftliche Teilhabe von Zugewanderten und ihren Nachkommen. (…) Durch unsere Arbeit verändern wir das gesellschaftliche Klima im Sinne einer Willkommens- und Anerkennungskultur. (…) Prof. Klaus J. Bade hat mit seiner Arbeit die Ziele des Leitbildes der OBS nicht nur tatkräftig unterstützt, er hat das Leitbild gewissermaßen verkörpert und gelebt.“[2]

Präsident Dr. Lothar Theodor Lemper widmete KJB sehr persönliche Abschiedsworte:

„KJB bietet eine Erlebnisfläche in vielfältigsten Dimensionen: der außerordentlich liebenswerte Mensch, der kreative Berater, der großartige, wenn es sein muss energisch streitbare Wissenschaftler, der Historiker selbstredend, immer im Dienst der Wahrheit, Professorenstolz vor Königsthronen, wenn es sein muss ein unmissverständliches Nein inmitten der Einverstandenen. KJB, der Rhetoriker mit erstaunlichen dialektischen Fähigkeiten – ganz im Sinne von Walter Jens. Der Denker und Anreger – mit jener Tugend, die uns Thomas von Aquin in seiner ‚Fürstenherrschaft‘ beschrieben hat: die Suche und das Finden der Mitte.

Der Meister fabelhafter, mitunter ikonischer Sprachschöpfungen als geschickter Sinn-Vermittlung, als ‚funktioneller Gebundenheit von Sprache und Gedanken‘, wie es Karl Jaspers formulierte. Ein Wortgewaltiger, manchmal ohne Manuskript, aber immer mit Konzept (was viele andere übrigens häufig verwechseln). Dann natürlich der Schriftsteller und Schriften-Ersteller mit beeindruckender qualitativer, aber auch quantitativer Wucht – man muss sich nur die lange Liste seiner Bücher, Aufsätze, Schriften, Interviews anschauen (…). KJB, ein erstaunliches Exemplar, eine profilierte, standfeste Persönlichkeit, die uns in der Riege des wissenschaftlichen Personals nicht so übermäßig massenhaft begegnet (…).

Ich erinnere mich auch gerne an Vorträge von KJB auf den verschiedenen Foren der OBS. Es war nicht das Falscheste, ihn als Redner zum Beispiel nach der Mittagspause einzusetzen: mitreißend, witzig, würzig, kämpferisch, über Strecken kein Blatt auf dem Pult und sodann auch kein Blatt vor dem Mund, nie die Ebene des zuverlässig Fachlichen verlassend, mit ehrlicher Hingabe auch an die Adresse der Politik (…). Professor Dr. Klaus J. Bade hat sich um die Migrationspolitik verdient gemacht (…). Danke, lieber KJB.“[3]

Und die Vorsitzende des OBS-Fachbeirats, Prof. Dr. Marianne Krüger-Potratz, ergänzte: „Klaus J. Bade kann Sachverhalte so prägnant und markant auf den Punkt bringen, dass sie sich unwiderruflich einprägen. Das ist eine unschätzbare Eigenschaft, insbesondere in einer Mediengesellschaft, die gerne Schlagwörter konsumiert. Klaus J. Bade hat die Arbeit unseres Fachbeirates geprägt mit seiner klaren Analyse, seiner wissenschaftlichen Kompetenz und seiner Professionalität im publizistischen Auftreten. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit ihm war für alle Mitglieder stets ein Genuss. Zum 50-jährigen der OBS hatte er gesagt: 'Mentalitäten ändert man nicht durch freundliche Umgangsformen allein.' Ein nachhaltiges, personenbezogenes Sich-Kümmern sei gefordert. Diese Forderung lebt Klaus J. Bade.'[4]

 


[1] Lothar Theodor Lemper, Potenziale und Perspektiven nachholender Integration, in: Die politische Meinung (Konrad-Adenauer-Stiftung), Jg. 52, Nr. 452 (Juli 2007), S. 20ff.

[2] Eberhard Diepgen, ‚In hervorragender Weise den Ruf der OBS gemehrt‘, in: Achim Hermes, Spurwechsel. Zum Abschied von Klaus J. Bade aus dem Fachbeirat der OBS und seiner Ernennung zum Ehrenmitglied, Bonn, Dezember 2018, S. 4–6.

[3] Lothar Theodor Lemper, ‚Danke, lieber KJB‘, in: ebenda, S. 7–11.

[4] Ebenda, S. 12f.

 

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