Faris Varešlija aus Bosnien-Herzegowina nahm 2021 am Zertifikatskurs „Willkommensmentoren und -mentorinnen im Rahmen des „Mentoringprogramms“ der Otto Benecke Stiftung e.V. (OBS) teil und wurde zum Mentor für internationale Pflegekräfte ausgebildet.
„Es ist ein großer Vorteil, eine Ansprechperson zu haben!“
Faris Varešlija arbeitet seit 2018 als Gesundheits- und Krankenpfleger für die Kliniken der Stadt Köln, seit 2019 ist er dort auf der Palliativ-Station beschäftigt. 2021 nahm er am Zertifikatskurs „Willkommensmentoren und -mentorinnen“ im Rahmen des „Mentoringprogramms“ der OBS teil und wurde zum Mentor für internationale Pflegekräfte ausgebildet. Das „Mentoringprogramm“ bereitet Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Krankenhäusern auf die Integration von internationalen Pflegekräften vor. Er freut sich darauf, jetzt seine eigenen Erfahrungen im Integrationsprozess als Ansprechperson für zukünftige Mentees einzubringen. Er selbst kam vor knapp vier Jahren aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland, um als Pflegefachkraft zu arbeiten.
In einem Interview mit der Otto Benecke Stiftung erklärt er, vor welchen Herausforderungen internationale Pflegekräfte stehen, was einen guten Mentor ausmacht und dass gemeinsame Pausen und Sport wichtige „integration tools“ sind.
Herr Varešlija, welchen Herausforderungen begegnen internationale Pflegekräfte in Deutschland und wie kann man sie dabei unterstützen?
Internationale Pflegekräfte in Deutschland stehen vor vielen verschiedenen Herausforderungen. Am Anfang ist es das Visum und die Sprache, aber auch Zweifel, Ängste und die neue Umgebung. Jeder bringt kulturelles Gepäck mit. Am Anfang muss man sich als neuzugewanderte internationale Pflegekraft mit den ganz grundlegenden Dingen beschäftigen. Genau hier müssen wir als Mentorinnen und Mentoren die neuen internationalen Pflegekräfte als vertrauenswürdige Ansprechpersonen begleiten und beraten.
Was macht für Sie einen guten Mentor für internationale Pflegekräfte aus?
Im ersten Schritt muss man sich über seine Rolle und die Aufgaben als Mentor im Klaren sein. Dann kommen konkrete Herausforderungen dazu: Unterstützung bei Kommunikationsproblemen oder bei Anerkennungskonflikten zum Beispiel. Meiner Meinung nach sollten Mentorinnen und Mentoren als Vertrauenspersonen mit der eigenen Rolle verantwortungsvoll umgehen, aber auch eine gesunde Distanz zu den Mentees pflegen.
Warum ist es Ihnen wichtig, sich als Ansprechpartner zu engagieren?
Als internationale Pflegekraft habe ich in Deutschland selbst viel erlebt und mitgemacht. Ich kam vor fast vier Jahren und hatte damals keinen Mentor. Schritt für Schritt musste ich mir alles selbst erschließen und erarbeiten. Ich hatte das Glück, in meinem Job auf der Palliativ-Station viele nette Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen, die mir die Integration erleichtert haben und für alle Angelegenheiten ein offenes Ohr hatten. Es ist ein großer Vorteil, eine Ansprechperson zu haben. Grundsätzlich kann ich den Mentees zukünftig durch meine unterschiedlichen Erfahrungen viele Tipps geben, die das Leben in Deutschland einfacher machen können.
Wie wird Ihnen das Gelernte aus dem Zertifikatskurs in Zukunft nützen? Was werden Sie auf jeden Fall umsetzen und in den Pflegealltag einbringen?
Das dort erworbene Wissen kann ich nutzen, um die Mentees auf den richtigen Weg zu bringen - nicht nur in der Arbeit als Pflegekraft. Um Missverständnisse zu vermeiden, werde ich mit den internationalen Pflegekräften intensiv daran arbeiten verschiedene interkulturelle Konflikte, die auf sie zukommen, auf eine konstruktive Art zu lösen.
Wie können Willkommensmentoren eine „Brückenfunktion“ zwischen den zugewanderten Pflegekräften und der Gesellschaft einnehmen?
Für die soziale Integration eines Individuums ist eine aktive gesellschaftliche Teilnahme von hoher Bedeutung. Sie vermittelt den internationalen Pflegekräften das Gefühl, akzeptiert zu sein, wirkt sich auf das Wohlbefinden aus und hat so einen direkten Einfluss auf die Produktivität. Ein Mentor könnte zum Beispiel sportliche Aktivitäten organisieren, bei denen sich die Menschen besser kennenlernen oder Mittags- und Frühstückspausen zusammen verbringen, für die jeder ein Gericht aus seinem Heimatland mitbringt.
Was kann das Mentoringprogramm der OBS, Ihrer Meinung nach, für die Integration und Bindung internationaler Pflegekräfte in Pflegeeinrichtungen leisten?
Dank des Mentoringprogramms bekommen zugewanderte Pflegekräfte eine Vertrauensperson zugeteilt, die für alle offenen Fragen da ist und ihnen Anleitung und einen Rat gibt. Das hilft den Mentees, sich zu stabilisieren und Ängste loszuwerden. Bindung und soziale Integration der Pflegekräfte können, wie bereits erwähnt, durch verschiedene Aktivitäten gefördert werden – zum Beispiel durch Sport als „integration tool“ – sowohl im Arbeitsumfeld als auch in der Gesellschaft allgemein. Das Wichtigste ist, die sogenannte Spannungsphase, die mit dem Einwandern nach Deutschland oft eintritt, zu verlängern und beizubehalten, damit es später nicht zu Frustration kommt und man überlegt, alles abzubrechen.
Was, glauben Sie, könnten Angebote wie das Mentoringprogramm oder der Werkzeugkoffer Integration des DKF gesamtgesellschaftlich auf lange Sicht bewirken?
Diese Angebote können meiner Meinung nach viel bringen und verändern. Da es in Deutschland einen Mangel an Pflegekräften gibt, kann man durch solche Maßnahmen auf lange Sicht die Zusammenarbeit mit internationalen Pflegekräften im Gesundheitssystem verbessern und für Entlastung sorgen.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.
Das Mentoringprogramm für Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern der Otto Benecke Stiftung e.V. ist ein Teil des Werkzeugkoffers „Willkommenskultur und Integration“ des Deutschen Kompetenzzentrums für internationale Pflegekräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) unter Trägerschaft des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) und wurde vom Bundesgesundheitsministerium gefördert.