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Ein Koffer voller Potenzial und ein lang erwarteter Anruf — Erfolgsgeschichten aus der OBS

Interview mit Esteban Francisco Andrino Santizo, M.A. International Trade, Consultant Controlling

Das „Berufsbezogene interkulturelle Arbeitsmarktcoaching/ BWL“ ist Teil des Projekts OnTOP /OBS des IQ Netzwerkes in Nordrhein-Westfalen und wird von der Otto Benecke Stiftung e.V. in Kooperation mit Professor*innen aus dem BWL-Fachbereich der Hochschule-Bonn-Rhein-Sieg durchgeführt. Arbeitsuchende zugewanderte Wirtschaftswissenschaftler*innen werden im Rahmen des mehrwöchigen Trainings für den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert und bei der Suche nach einer passenden Arbeitsstelle gezielt unterstützt. Esteban Andrino stammt aus Guatemala und hat dort als Consultant im Bereich Controlling gearbeitet. 2020 hat er das Arbeitsmarktcoaching für Wirtschaftswissenschaftler*innen der OBS erfolgreich absolviert und freut sich nun über einen Arbeitsvertrag als Junior Controller bei KIK Textilien und Non Food GmbH.

Esteban Andrino schildert im Interview, wie er auf das IQ Netzwerk NRW und die Otto Benecke Stiftung e.V. aufmerksam geworden ist, wie ihm das BiA-Coaching bei der Bewerbung geholfen hat und was er anderen Zugewanderten bei der Suche nach einer Arbeitsstelle rät.

 

Herr Andrino, wie sind Sie auf die Otto Benecke Stiftung e.V. aufmerksam geworden?

Auf die Otto Benecke Stiftung e.V. bin ich bei meiner Recherche zu Projekten des IQ Netzwerks Nordrhein-Westfalen gestoßen. Beim Jobcenter in Münster wurde mir empfohlen, dieses Projekt zu kontaktieren. Im Anschluss habe ich mich beworben und konnte dann am BiA-Coaching/BWL der Otto Benecke Stiftung e.V.  teilnehmen. Es fand im Blended-Learning Format vom 24. April bis zum 7. Juli 2020 teilweise online, jedoch größtenteils unter strenger Einhaltung der Hygienevorschriften auf dem Campus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin statt.

Inwiefern konnte Ihnen das „Berufsbezogene interkulturelle Arbeitsmarktcoaching/ BWL“ bei Ihren Bewerbungen helfen?

Das Coaching hat mir in vielerlei Hinsicht geholfen. Das Maßnahmenprogramm ist sehr präzise gestaltet: Zunächst haben wir erarbeitet, welches Potenzial wir in unserer jeweiligen Migrationssituation, in unserem „Migrationskoffer“, mitbringen. Dann sind wir zu dem Thema „Verhalten am Arbeitsplatz“ übergegangen. Wir haben gelernt, wie zum Beispiel die Kommunikation am Arbeitsplatz in Deutschland gestaltet ist und welches Verhalten gegenüber den Kolleg*innen erwartet wird. Im nächsten Schritt konnten wir tiefer in die Frage eintauchen, was der deutsche Arbeitsmarkt im BWL-Bereich braucht oder was ihn ausmacht, – vor allem unter dem Gesichtspunkt der sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung. Die Schulung kombiniert sehr interessante fachbezogene Themen wie Investitions- und Finanzcontrolling, Rechnungswesen, Betriebswissenschaft, aber auch die Anwendung von Tools wie Excel und SAP miteinander. Ich finde das Programm sehr praktisch. Es leitet uns als Fachleute an, wie wir zum Beispiel unsere Kommunikationsfähigkeiten verbessern und erfolgreiche Bewerbungen einreichen können. Die Projektleiterin, Frau Christa Zuleger, und die Bildungsreferentin des Projekts, Frau Lejla Bradarić, haben einen Fokus auf die Analyse unserer Berufslaufbahn gelegt und außerdem in jeder Sitzung eine Präsentation, wie z.B. zum Thema Soft Skills gemacht. Wir mussten fast zu jeder Sitzung auch selbst Präsentationen erstellen und mindestens einmal selbst präsentieren. Das war nicht einfach, aber nützlich!

Sie haben jetzt einen Arbeitsvertrag bei KiK Textilien und Non-Food GmbH unterschrieben. Wie kam es dazu?

Bei der Maßnahme gab es ein Modul zur Überprüfung meiner Bewerbungsunterlagen und eine Schulung zur Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche. Das sind für mich ganz zentrale Elemente. Von da an erhielt ich Einladungen zu Vorstellungsgesprächen, die mir wiederum halfen, die Bereiche zu identifizieren, in denen ich meine Fähigkeiten noch verbessern musste. Schließlich ergab sich das Vorstellungsgespräch bei KIK. Mir wurden zum Beispiel oft technische, fachbezogene Fragen im Bereich Controlling gestellt, in dem ich meine Berufserfahrung gesammelt habe, aber auch über den Umgang mit Controlling-Prozessen in Bezug auf Inventuren, Rechnungswesen, Monats- und Jahresabschluss oder das Handelsgesetzbuch. Wichtig war es auch, Software-Kenntnisse vorzuweisen und Wissen über das jeweilige Unternehmen oder eine Perspektive für berufliches Wachstum präzise darzustellen. Die Gespräche wurden zum größten Teil aufgrund der Pandemie online durchgeführt, es gab aber auch ein persönliches Interview. Ein paar Tage nach dem Gespräch bei KIK wurde ich von der Personalabteilung angerufen. Es wurde mir gesagt, dass ich mich in der Controlling-Abteilung melden sollte. Das war ein lang erwarteter Anruf!

Was würden Sie anderen Teilnehmenden der OBS-Kurse oder generell anderen Zugewanderten bei der Suche nach einem passenden Arbeitsplatz empfehlen?

Ich würde ihnen generell empfehlen, die ersten Monate des Aufenthalts in Deutschland dem Lernen der Sprache zu widmen. Sie sollten unbedingt Deutsch lernen, denn es ist für jeden Prozess in Deutschland einfach unerlässlich. Dann sollten sie selbst bewerten, welche Fähigkeiten, Erfahrungen und persönlichen Kompetenzen, die von den Unternehmen des deutschen Arbeitsmarktes erwartet werden, sie mitbringen. Im nächsten Schritt können sie weitere Maßnahmen ergreifen – wie zum Beispiel das Arbeitsmarktcoaching der OBS. Das war für mich der Schlüssel, denn nachdem ich meine Bewerbungsunterlagen passend zusammengestellt hatte, kamen die ersten Bewerbungsgespräche und ich hatte die Möglichkeit, ein Praktikum in der Controlling-Abteilung der LVM Versicherung in Münster zu absolvieren. Ich möchte betonen, dass man oft viel Geduld, eine positive Einstellung und ein hohes Maß an Initiative bei der Jobsuche braucht – ob man nun selbst einen Job sucht oder eine Stelle für seine Familie oder Angehörigen. Es ist ganz wichtig, sich klare und erreichbare Ziele zu setzen und nicht enttäuscht zu sein, wenn die Dinge nicht so laufen wie geplant. Dann sollte man sich vor Augen halten, was man alles getan hat, um weiterzukommen. Ich habe zum Beispiel im Laufe von drei Jahren bestimmt über 200 Bewerbungen verschickt.

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?

Für meine Zukunft wünsche ich mir Stabilität für meine Familie und mich. Stabilität verstehe ich nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch als Ausgleich von der Arbeit, den ich mit meiner Familie teilen möchte. Zweitens möchte ich die Prozesse, die im Bereich Finanzcontrolling von KIK Textilien und Non Food GmbH abgewickelt werden, tiefgreifend erlernen, um dort mittelfristig Karriere zu machen. Ich möchte mich auch aktiver in meinem Wohnort einbringen und dort Verantwortung im Rahmen von gemeinnützigen oder ehrenamtlichen Tätigkeiten übernehmen. Außerdem interessiere ich mich immer mehr für die Zusammenhänge zwischen Controlling, Finanzen und digitaler Datenwissenschaft. Deshalb würde ich in Zukunft gerne eine Weiterbildung oder ein Masterstudium im Bereich Wirtschaftsinformatik absolvieren. Ich hoffe, dass die Otto Benecke Stiftung e.V. das „Berufsbezogene interkulturelle Arbeitsmarktcoaching für Wirtschaftswissenschaftler*innen“ in Zukunft weiterführen wird. Ich bedanke mich für die nützlichen und interessanten Stunden und hoffe, dass die Schulung auch anderen Teilnehmer*innen helfen wird, bald einen Job zu finden.

 

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