In den nächsten zwei Jahren soll die gesellschaftliche Partizipation von in Bonn lebenden Geflüchteten gestärkt werden. Dies ist das Ziel eines Pilotprojektes, das vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, der Stadt Bonn und dem Land NRW gefördert und von der Otto Benecke Stiftung e.V. durchgeführt wird. Die Idee hierzu kommt vom Runden Tisch Flüchtlingshilfe Bad Godesberg unter der Leitung von Pfarrer Dr. Wolfgang Picken.
In Bonn leben über 6000 Geflüchtete, davon über 2000 in kommunalen Sammelunterkünften. Manche von ihnen leben erst seit kurzem in Bonn. Auch wenn Entscheidungen über Asylverfahren im Schnitt heute schneller erfolgen als noch vor zwei Jahren, ist davon auszugehen, dass viele Menschen für längere Zeit hier bleiben, manche von ihnen vielleicht für immer. Deshalb sollte man ihnen Möglichkeiten eröffnen, sich einzubringen, mitzugestalten.
Demokratie beginnt nicht erst beim Wahlrecht, sondern erfordert Teilhabe und Mitgestaltung auch im Kleinen. Dies fängt an beim Erfahrungsaustausch Geflüchteter untereinander und der eigenverantwortlichen Übernahme von Aufgaben und Pflichten in den Heimen, führt über die Teilnahme in elterlichen Mitbestimmungsgremien in Kitas und Schulen bis hin zu einer organisierten Interessenvertretung Geflüchteter in der Kommunalpolitik. Durch die Partizipation und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit soll einerseits bei Geflüchteten die Identifikation mit der Gesellschaft, in der sie leben, gestärkt werden. Andererseits führt sie auch zu einer veränderten Wahrnehmung der Geflüchteten durch die Mehrheitsgesellschaft – vom passiven Hilfeempfänger zum aktiven Bürger.
Das Projekt startet zunächst in größeren Sammelunterkünften, um dort selbstbestimmtes Zusammenwirken der Geflüchteten zu erproben und typische Problemfelder der Sammelunterbringung anzugehen. Im Zentrum steht der regelmäßige Austausch der Bewohnerinnen und Bewohner, um z.B. mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und auszuräumen. Zudem soll eine kontinuierliche Kommunikation zwischen Geflüchteten und Heimleitung sowie den beteiligten Ämtern und Sozialarbeitern für unbürokratische Lösungen bei konkreten Herausforderungen sorgen. Auf Heimebene und darüber hinaus werden Basisgruppen etabliert durch die Wahl von Delegierten. Im weiteren Verlauf des Projektes sollen diese Gruppen in einen stadtweiten Rat der Geflüchteten münden.