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Frühere Studentenpolitiker heute in Spitzenfunktionen der OBS

Ignaz Benders Zusammenfassung aus dem Buch "The OTHER 68ers – Student Protest & Christian Democracy in West Germany" von Anne von der Goltz:

In den Gremien der OBS haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ehemalige Studierendenvertreter mitgewirkt. Über vier von ihnen ist jetzt in einem bei Oxford University Press erschienenen Buch „The OTHER 68ers – Student Protest & Christian Democracy in West Germany“, berichtet worden. Verfasserin des Buches ist die junge Historikerin der Georgetown University in Washington D.C., Anna von der Goltz. Es behandelt neben anderen die Rolle von Eberhard Diepgen, heute Vorsitzender des Kuratoriums der OBS, von Ignaz Bender und Klaus Laepple, beide Mitglieder des fünfköpfigen Vorstandes der OBS, sowie von Wolfgang Bergsdorf, bis vor kurzem ebenfalls Mitglied des OBS-Vorstandes. Die Veröffentlichung macht auf den gemäßigten Teil der Studentenbewegung der Jahre 1960-1970 aufmerksam, darunter viele junge und später einflussreiche Christdemokraten, nachdem in der bisherigen Geschichtsschreibung der radikalere Flügel der 68er-Bewegung im Vordergrund stand.

An Hand des Lebenslaufs von Wolfgang Bergsdorf wird die Motivation vieler gemäßigter Studierenden der 68er Jahre verdeutlicht. Beeinflusst durch das „Tagebuch der Anne Frank“ und Wolfgang Leonhards „Die Revolution frisst ihre Kinder“ zogen Bergsdorf und Gleichgesinnte die Schlussfolgerung „Nie wieder Totalitarismus“, weder in Form des Nationalismus noch des Kommunismus. Den Sympathien vieler sozialistischer Protestlern und Protestlerinnen mit linken Diktaturen hielt Bergsdorf, auch publizistisch, das Konzept des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats entgegen. Er, Student der Politikwissenschaft und Mitglied des Ringes Christlich Demokratischer Studenten (RCDS), engagierte sich in der Studentischen Selbstverwaltung und war Sozialreferent im Verband Deutscher Studentenschaften (VDS). Sein späterer Weg führte ihn als enger Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl zum Abteilungsleiter in das Bundespresseamt. Später war er als Nachfolger von Peter Glotz Präsident der Universität Erfurt.

Eberhard Diepgen, Jurastudent an der Freien Universität Berlin und Mitglied des Ringes Christlich Demokratischer Studenten wurde im Januar 1963 zum AStA-Vorsitzenden der Freien Universität gewählt. Seine Wahl wurde von linken Gruppen bekämpft und führte, auch wegen seiner Mitgliedschaft in einer Studierendenverbindung, zu seiner Abwahl. Zwei Jahre später wurde er zum Stellvertretenden Vorsitzenden des VDS gewählt, spezialisiert auf Sozial- und Bildungspolitik. Dabei betreute er auch die bundesweite Bildungswerbungsaktion der deutschen Studentenschaft. Zurück in Berlin engagierte er sich in der Landespolitik, wurde Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus. Er verfolgte unter anderem das Ziel, die Berliner CDU in eine moderne Großstadtpartei zu verwandeln. Er bezeichnete sich selbst als konservativ-liberal, im Zweifel liberal. Als Nachfolger von Richard von Weizsäcker wurde er 1984 zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Er amtierte über 15 Jahre und war das erste Oberhaupt der Stadt, das in Berlin geboren war.

Ignaz Bender, Jurastudent an den Universitäten Bonn und Freiburg, dort jeweils AStA-Vorsitzender, später Stellvertretender Vorsitzender des VDS für Internationales, schrieb 1965 Bildungsgeschichte. Er organisierte, gestützt auf ein Votum der VDS-Mitgliederversammlung, die größte Studierendendemonstration an den deutschen Hochschulen in der Nachkriegszeit zur Überwindung des Bildungsnotstands. Die Münsteraner Studentenzeitung bezeichnete Bender und seine Helfer damals als „Die Wecker der Nation“. Zudem initiierte Bender von Freiburg aus die bundesweite Bildungswerbungsaktion „Student aufs Land“, die zu einem Zuwachs von Übertritten von Jungen und Mädchen aus dem ländlichen Raum auf Realschulen, Berufsschulen und Gymnasien führte. Wenn heute die Mehrzahl der Studierenden weiblich ist, geht dies auch auf diese Aktion zurück. Aufmacher des Buches von Anne von der Goltz ist das Foto, das Rudi Dutschke und Ralph Dahrendorf auf dem Dach eines VW-Busses diskutierend zeigt. Bender und seine Mitstreiter aus dem RCDS hatten die Diskussion eingefädelt, um einen Sturm von linken Gruppen auf den in Freiburg tagenden FDP-Parteitag zu verhindern. Bender ist dem Hochschulbereich treu geblieben. Er war 31 Jahre lang Kanzler der Universität Trier und ist seit vielen Jahren Präsident der Internationalen Hochschulkonferenz (ICHE).

Klaus Laepple, Student der Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und RCDS-Mitglied, schrieb 1966 ff. deutsche Justizgeschichte. Als AStA-Vorsitzender in Köln rief er zu einer Sitzblockade auf, um auf den Kölner Straßenbahnschienen gegen die Fahrpreiserhöhungen der Kölner Verkehrsbetriebe zu protestieren. Als Rädelsführer wurde er wegen Nötigung vom Amtsgericht verurteilt. Das Landgericht sprach ihn frei, der Bundesgerichtshof hob den Freispruch wieder auf. Schlussendlich entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Laepple nicht schuldig sei. In der Folgezeit hob das Bundesverfassungsgericht unter Bezug auf das Laepple-Urteil sämtliche belastenden Urteile gegen Sitzblockaden der Friedenbewegung der 70er Jahre auf. Schon als Studierendenvertreter organisierte Laepple Studienreisen. Er war von 1966-1968 Stellvertretender Vorsitzender der Auslandsstelle des Bundesstudentenrings und gründete ein eigenes Tourismusunternehmen. Dem Tourismus blieb er beruflich in der Folgezeit treu. Er war von 2002 bis 2010 Präsident der Deutschen Reiseverbandes (DRV) und ab 2002 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. Seit 2007 ist er Kuratoriumsvorsitzender einer Touristik-Stiftung.


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